Ankunft am Hauptbahnhof Hamburg am frühen Nachmittag; habe zunächst kein passendes Kleingeld für Schließfach, löse dieses Problem durch Erwerb eines Dreitage-Tickets für die Verkehrsbetriebe und schließe roten „Übersee“-Koffer in freies Schließfach ein – 3,- €.
Per U-Bahn Richtung Rothenbaum, Ankunft in der Hansastraße; das Haus sieht nicht so (schön klassizistisch – oder wie auch immer) aus, wie im Internet angepriesen – stelle später fest, dass das Bild die Ansicht auf das Haus gegenüber darstellt – etwas irreführend, wie ich finde...
Empfang durch eine kleine untersetzte, etwas zu sehr geschminkte, aber freundliche Dame mittleren Alters (ich vermute sie Künstlerkreisen o. ä. zugehörig); Einweisung in Zimmer, Bad, Fernseher, Schlüssel etc.
Verlasse Wohnung und schlendere Richtung Außenalster; dabei kurzer Einblick ins berühmte Tennisstadion am Rothenbaum (eine freundliche Mutter mit Volvo-Kombi gewährt mir auf dem Weg ihrer Kinder zum Training Einlass durch Chipkarte); sehe mir den Centrecourt nebst schlechten Portraits großer Spieler und Spielerinnen an, darunter Lendl, Edberg, Ferrer, Graf, Hingis, Williams...

Erreiche Außenalster; setze mich ins Café „Cliff“, in einen Liegestuhl direkt auf einem Steg über dem Wasser; es ist frisch. Viele Ruderer nebst Trainern auf dem Wasser; 1er, 2er, 4er... Habe sehr guten Kirschstreusel und dazu einen Tee mit frischer Minze, um Erkältung vorzubeugen (die Klimaanlage im IC ist gesundheitsschädlich – in den 80ern war das noch chic...).
Strolling along the Außenalster towards the Innenstadt – als einziger Fußgänger, sonst nur Jogger und Radler (überdurschnittlicher Hollandrad-Anteil).
An den Alsterterrassen (Binnenalster) biege ich in die Collonaden ein (habe Verlangen nach einer heißen Zitrone); kaufe in einer Apotheke Umckaloabo® sowie Papiertaschentücher; erstehe „Prinz“ (Stadtmagazin) am Kiosk und finde ein Café („Black Beans“), in dem ich eine heiße Zitrone bekomme (eine sehr freundliche Lateinamerikanerin versichert mir mehrfach, dass es sich um reine Zitrone ohne Konservierungsstoffe handelt – also wohl nicht frisch gepresst!? Aber trotzdem sehr gut, sogar mit Honig – die Rettung vor dem herannahenden Schnupfen).

Schlendere weiter (es wird bereits dunkel); entschließe mich spontan für Kino, da CinemaxX auf dem Weg liegt; habe Lust auf „The Dark Knight“ mit Christian Bale als Batman – irgendwie nicht so überzeugend; zu anstrengend, zu ernst, zu lang...
Danach Umherirren auf der Suche nach Abendessen – zu spät, ungeeignetes Viertel. Leichter Unmut kommt auf. Schließlich mit 24h-McDonalds am Bahnhof fündig geworden (McRib mit der Soße, die man gut und gerne als Klebstoff verwenden könnte...). Anschließend wieder Umherirren auf der Suche nach der richtigen U-Bahn, einmal im Kreis gelaufen, an Stand mit klebstoff-freien Baguette-Brötchen vorbeigekommen; dann U1 gefunden – leider „Betriebspause“, um halb eins nachts – Weltstadt?? Jetzt langsam aufkommender Ärger! Auf der Suche nach Nachtbus ebenfalls erfolglos; dann kurzer Prozess: Taxi angehalten und ab nach Rothenbaum (8,10 €). Good night!
Donnerstag, 18. 9. 2008

Nach einer Dusche Frühstück beim „Funk-Eck“, zwei Straßen von der Wohnung entfernt (etwas betagt, aber sehr gemütlich, Sonnenschein, netter Empfang durch zwei Lateinamerikanerinnen – schon wieder (komische Kombination...)). Bestelle Pfefferminztee plus Müsli ohne Früchte, erhalte Pfefferminztee plus Müsli mit Früchten, beschwere mich aber nicht, da gute Idee. Bestelle Ham & Eggs auf Toast, erhalte Ham & Eggs auf Vollkornbrot – auch gut – will nicht zimperlich sein, so früh am Morgen...

Nehme Bus nach Schanzenviertel, Schulterblatt (Name der Straße); hatte vorher darüber im „Prinz“ gelesen. Scheint der Prenzlauer Berg von Hamburg zu sein, sowie das Widerstandsnest gegen Weltwährung, G8 und andere Globalisierungserscheinungen (viel Graffiti). Aber: eine Kneipe neben der anderen, ein Café einladender als das andere (leider schon gefrühstückt). Sonnenschein. Erstehe „Erikli zirveden“ (Quellwasser) sowie türkische Kekse (sicherlich mit allerhand Konservierungsstoffen) in türkischem Laden. Ein Lieferant flirtet beim Abliefern von Getränkekästen mit der Kassiererin, die ein Nofretete-haftes Kopftuch trägt.
Weiter Richtung Karoviertel, Feldstraße. Dort am ehemaligen Schlachthof vorbei, das nun Büros und Läden beherbergt sowie abends Parties bietet.
Weiter zum Bunker am Heiligengeistfeld (war irgendwas im Krieg). Darin jetzt Ton-Studios, Büros, Instrumentenhandel, Musikschule sowie Alsterdamm Schule für Grafikdesign (seit 1946!). Dort schaue ich mich ein wenig um (weil „Terrace Hill“, das Café im 5. Stock geschlossen hat („Das Der Kaffee hat geschlossen“). Darf mich unter den wohlwollenden Augen einer Sekretärin umsehen und informieren („...nur nicht in den Klassensälen, bitte.“). Angenehme Atmosphäre, gute Ausstattung, jeder Arbeitsplatz (fast alles neue iMacs) mit Scanner versehen; offene, überschaubare Räume. Die ausgestellten Arbeiten jedoch etwas überholt, wie mir scheint – irgendwie 70ies...
Genehmige mir danach einen Espresso und einen wirklich leckeren Choco-Cookie am Stand vorm Eingang (braunes Ape-Car!); sowie anschließend 20 Tropfen Umckaloabo® – 3 x täglich!
Ziehe weiter ins Fleetviertel um Rathaus und Stadtzentrum. Hole mir von der Tourist-Infomation einen Stadtplan. Auffallend neben chicen Läden und teuren Restaurants, aber auch den üblichen Ketten wie H&M, sind nicht nur die (gefühlt?) mehr teuren Karossen pro Quadratmeter als anderswo, sondern auch die ausnehmend und mehrheitlich offenbar gut "betuchten" Hanseaten. Sie zeichnen sich durch einen konservativen Chic aus, den man zwar auch von Frankfurts Innenstadt kennt, unterscheiden sich aber eindeutig durch das gewisse Quäntchen Mehr an Eleganz; man spürt hier schon die Nähe zu England – lederbesetzte Kragenspiegel am langen Übergangsmantel oder die royalblaue Clubjacke mit Emblem auf der Brust beim Herrn; ein stilsicheres Kopftuch zur dunkeln Sonnenbrille, der aufrechte Sitz auf dem Rad bei der Dame – irgendwie faszinierend...
Gehe mit vergleichsweise basalem Anliegen zu H&M: muss ein Päckchen Socken erstehen (habe meinen kargen Vorrat bereits aufgebraucht – der Rest blieb unverrichteter Dinge zuhause im Wäschekorb). Ziehe mangels Angebot zu Tom Taylor weiter und werde fündig (3 Paar zu 12,- €).
Steuere die Speicherstadt an und komme an den Ruinen der Nikolaikirche vorbei; verzichte auf eine Turmbefahrung (per Aufzug), da ich dem Michel den Vorzug geben will.
Komme an einem Markt vorbei und versorge mich mit einem gefüllten Fladenbrot vom Türken, der drei jungen Frauen hinterherschaut...
Mittag (kühl, Sonnenschein)

Durchquere die (mir schon bekannte) Speicherstadt, um zur HafenCity zu gelangen. Gehe dort ins Infocenter in einem ehemaligen Kesselhaus. Mische mich spontan unter eine schweizer Reisegruppe, deren Führer soeben an einem Modell der Hafenstadt den Ist-Zustand und die Vorhaben der Stadtplaner und Architekten erläutert – sehr interessant! Nehme mir einiges Infomaterial mit und möchte Richtung Kaispeicher A, dem ehemaligen Kakaospeicher und der künftigen Elbphilharmonie von Herzog und de Meuron weiter gehen, habe aber erste Ermüdungserscheinungen in den Beinen und beschließe, mir das Ganze mittels einer Hafenrundfahrt vom Wasser aus anzusehen.
Fahre zu diesem Zweck eine Station mit der Hochbahn von Baumwall bis Landungsbrücken (die Ansagen in den Bahnen werden z.T. von Kindern gesprochen – eine schöne Idee), um die Fahrt auf einer Barkasse von Käpt‘n Prüsse anzutreten. Eine junge Dame in Uniform möchte mir eine Fahrt auf dem Flußdampfer mit Schaufelrad verkaufen – lehne ab, möchte mit der Barkasse fahren. Frage den Kassierer, ob die Fahrt auch durch die HafenCity geht. Meine Frage wird bejaht, steige also für 10,- € ein. Der Lautsprecher macht seinem Namen alle Ehre, ich halte mir gelegentlich die Ohren zu. Der Kapitän streut in lockerer Folge ein paar Schoten in seine Erläuterungen ein („Wenn jemand seekrank wird: ich habe Tabletten an Bord. Die wirken allerdings erst in 14 Tagen!“). Nach einiger Fahrt durch den Containerhafen erhascht man plötzlich zwischen zwei Gerüsten bei Blohm + Voss den Blick auf ein Schiffsneubau. Dann umrundet die Barkasse die Werft und man erhält (geschnitten wie in einem James-Bond-Film) den vollen Blick auf eine unglaublich prächtige Luxusjacht. Eigner: ein gewisser Russe namens Abramowitsch. Dem Vernehmen nach lässt er bereits eine zweite bauen... Nach der Speicherstadt endet die Fahrt ohne Abstecher in die HafenCity – leichter Ärger (II) kommt auf; diese Tour hätte ich mir sparen können, zumal ich sie vor Jahren schon mal mitgemacht habe.
Schlage also erneut den Weg Richtung HafenCity ein; komme an den Magellan- und Marco-Polo-Terrassen vorbei (irgendwie kennt man das alles schon aus den Londoner Docklands und Frankfurts Westhafen; dort nur kleiner), besteige den View Point, einen Aussichtsturm mit Blick über die Baustellen rundherum, und sehe ein paar hundert Meter weiter am Cruise Center ein großes weißes Schiff liegen, auf dem sich, wie ich annehme, Besucher zur Besichtigung aufhalten. Ich erreiche das Cruise Center just zu dem Zeitpunkt, als die MS Deutschland zu einer Kreuzfahrt ins Mittelmeer aufbricht – zur Nationalhymne und unter dem Winken vieler Angehöriger der Menschen auf dem Schiff (die Besucher sind Passagiere). Komme mit einer Dame ins Gespräch, deren Tochter auf dem Schiff als Stewardess angeheuert hat. Sie erläutert mir, dass die MS Deutschland nicht nur für Dreharbeiten von „Traumschiff“ herhalten muss, sondern auch das einzige Kreuzfahrtschiff unter deutscher Flagge ist. Ich erfahre außerdem, dass die zwei blonden Damen auf dem Kai, die dem Zeremoniell samt Flaggen (Deutschland und Hamburg) geduldig beigewohnt haben, die Töchter eines gewissen Herrn Dalmann sind, der nicht mehr unter uns weilt, sie aber folglich die Erben und somit Eigner der gleichnamigen Reederei samt Schiff sind. Und dass sie nicht mehr ledig sind, eine davon jedoch bereits fünf Kinder hat – von drei Männern! „Da habe ich ja noch Chancen.“, sage ich und verabschiede mich.
Später Nachmittag – frisch
Nehme den Bus Richtung Rathausplatz vorbei am Dalmann-Kai (der Bus ist voller Touristen); wieder Hoch-Bahn nach Landungsbrücken; sehe den Schaufelraddampfer gemächlich in Richtung HafenCity schippern...
Stelle fest, dass man keinen Stadtplan braucht, wenn man mit Bus und Bahn unterwegs ist – jede Haltestelle bietet einem das aktuelle „Orientierungs-Update“.

Schlage den Weg Richtung Michel ein in der Hoffnung, dass dieser mich zwecks Turmbesteigung noch einlässt. Gehe die Dietmar-Koel-Straße entlang und bleibe an einer Galerie stehen. Es stellt sich heraus, dass es sich um Feinkunst Krüger handelt, den ich mir im „Prinz“ markiert hatte – seltsam, wie einen der Wind manchmal lenkt... Habe sehr nettes Gespräch mit dem Galeristen, zunächst über die Ausstellenden – Deutsche, Amerikaner, eine Holländerin, z.T. renommierte Künstler (Femke Hiemstra, Heiko Müller, Anthony Pontius, Fred Stonehouse – letzterer scheint mir bekannt zu sein; nehme mir vor, die Namen zu recherchieren), später über dies und das und Hamburg und Amrum; ich soll das nächste Mal wiederkommen...

Vergesse den Michel (absichtlich).
Ziehe weiter in Richtung Hafenstraße, um mir einen Sundowner zu genehmigen, z.B. bei StrandPauli. StrandPauli leider zu. Pudelsalon nicht so toll... Dann ewiges Laufen nach Westen, vorbei an Fischhallen und Lagerhäusern; die Dämmerung bricht herein. Schließlich erreiche ich das Bürogebäude am Dock, ein imposantes Bauwerk, das in seiner keilförmigen Architektur an einen Dampfer erinnert und das man über illuminierte Treppen besteigen kann. Auf dem Dach: gemeinsames Anbeten des Sonnenuntergangs mit anderen späten Besuchern und wunderbarer Blick über die Lichter der Stadt. Wer braucht schon einen Michel...
Nach dem Abstieg Warten auf die Fähre Richtung Innenstadt am Fähranleger unterhalb des Gebäudes, zusammen mit einer Handvoll Fahrgäste; darunter zwei junge Mädchen, die ihr Handy eine fröhliche Hitparadennummer spielen lassen und dazu lachen und mitsingen – im kokettierenden Bewußtsein ihrer Wirkung auf die Mitwartenden – Teenager...
Bei frischem Wind Fahrt Richtung Landungsbrücken (scheine zwischenzeitlich ein gutes Gefühl für den richtigen Zeitpunkt entwickelt zu haben) – jetzt Nacht.
Nehme die U-Bahn nach Feldstraße, um im Karoviertel zu Abend zu essen.
Finde das „Panter“, eine sehr gemütliche Kneipe – leider kein Essen mehr. Setze mich trotzdem und trinke ein Beck’s Gold. Dazu notiere ich den Großteil dieser Aufzeichungen, z.T. auf einen Bestellblock der Bedienung („Lucky Strike – Sonst nichts“). Sonst sitzt nur eine Familie afrikanischer Herkunft im Raum (eine Mama, drei Mädchen), beschäftigt mit Abendessen und Hausaufgaben. Wenig später betritt eine deutsche Frau die Kneipe, die sich als die Mama herausstellt – verkehrte Welt... Sie spricht mit der anderen Frau über Amrum, meinem Ziel für den nächsten Tag – noch seltsamer...

Nach Beendigung meiner Notizen und vergeblicher Suche nach Imbiss im Karoviertel (das Neu-Köln von Hamburg?) breche ich Richtung Schanzenviertel auf – mit Hunger.
Erneut etwas verwirrte Suche nach Abendessen (mittlerweile ist es 10 Uhr), viel Volk auf den Straßen; schließlich im „Kostbar“ Platz genommen. Bedienung (im Schießer Feinripp-Unterhemd) lässt sich Zeit, kommt schließlich gar nicht, steckt sich stattdessen locker-lässig eine Kippe an (leichter Unmut II). Stehe auf und bestelle beim Türken gegenüber eine Lahmaçun, dazu ein Astra (Kultbier). Die Lahmaçun ist mit weißen Bohnen und schmeckt nicht so gut. Das Astra ebensowenig.
Trete den Heimweg an und nehme dazu die U-Bahn (eine Station). Danach, auf der Suche nach dem richtigen Bus, fährt mir selbiger vor der Nase weg. Also laufen. Etwas verunglücktes Ende eines sonst perfekten Tages!
Freitag, 19. 9. 2008
Morgens Abschied von der Vermieterin.
Am Hauptbahnhof noch Zeit für ein kleines Frühstück; finde Obstsalat auf Müsli – Volltreffer! Sitze eine Weile an einem Stehtisch mit Barhocker, werde von diesem allerdings bald von der Bedienung des dazugehörigen Gastronomie-Betriebs verjagt („Reserviert für...“). Sonst sitzt niemand an diesem und auch an den anderen dazugehörigen Tischen, aber meine Einwände verhallen – die Dame wird regelrecht barsch. Erbost ziehe ich von dannen (ziemlicher Ärger III). Wie kann man nur so gastfeindlich sein?? Und verbohrt... Schade, ein schaler Nachgeschmack am Ende zweier rundum guter Tage in der Hansestadt.

Hole den roten „Übersee“-Koffer aus dem Schließfach und steige in den IC nach Dagebüll Mole – Ziel Amrum. Das Bordbistro in diesem Zug wird leider ausgefallen sein, ich aber habe vorgesorgt und mir rechtzeitig einen Pfefferminztee und eine Brezel besorgt. Die Sonne scheint.

Christoph Grundmann, 21. 9 2008
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